
Kolumne Gemeindepräsident: Machtverteilung
Die Verteilung der Macht ist ein zentrales Element einer funktionierenden Demokratie. Sie verhindert Machtmissbrauch und stellt sicher, dass der Staat im Interesse der Bevölkerung handelt. Machtverteilung wird unter anderem durch die Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative und Judikative erreicht.
Auch die oft als vierte Gewalt bezeichneten Medien üben Macht aus und spielen in einer Demokratie eine zentrale Rolle, weil sie durch Information die Meinungsbildung ermöglichen und durch Kommentierung gegebenenfalls beeinflussen. Kaum eine Branche hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Digitalisierung so stark verändert wie die Medien.
Heute machen soziale Netzwerke den klassischen Medien Konkurrenz, weil sie von manchen Nutzern als kostenlose und unabhängige Alternative angesehen werden. Die klassischen Medien sind durch einseitige Berichterstattung, reisserische Schlagzeilen, Skandale und politische Einflussnahme an dieser Situation mitschuldig. Der Journalismus ist heute weltweit geschwächt. Immer weniger junge Menschen interessieren sich für diesen Beruf.
Genau in dieser Zeit kommuniziert die Tamedia eine Neuausrichtung. Es soll fokussiert werden. Bedeuten tut dies, dass die Marke und das Produkt «Landbote» digital beerdigt und in den Tages-Anzeiger integriert wird. Die Regionalredaktion in Winterthur wird Zürich unterstellt. Fokussierung bedeutet also Zentralisierung und damit Machtkonzentration. Damit schwächt auch Tamedia den Lokal- und Regionaljournalismus und höhlt schleichend unser föderalistisches, direktdemokratisches Milizsystem aus, weil die unabhängige regionale Berichterstattung zur Meinungsbildung immer dürftiger wird.
In dieser für die traditionellen Medien mit ihren Redaktionen nachweislich sehr her ausfordernden Zeit gibt es aber auch Chancen. Da in den mächtigen sozialen Netzwerken wie X, Instagram oder Facebook mittlerweile faktenfrei argumentiert, Personen diskreditiert und «Realität» beliebig definiert werden kann, können sich die traditionellen Medien nun mit einem faktenbasierten, unabhängigen Qualitäts- und Regionaljournalismus als Alternative zu diesen sozialen Medien positionieren. Dieses Produkt hat einen Wert und darf auch etwas kosten. Ich hoffe, dass auch Tamedia diese Chance ergreift und sich noch einmal überlegt, ob sie die Marke «Landbote» wirklich digital beerdigen will.
Nun freue ich mich, Sie am Dienstag, den 4. März um 19 Uhr im Saal Zentrum Oberwis zur Informationsveranstaltung zum revidierten Projekt «Rietacker» einzuladen. Ich bin überzeugt, dass der «Landbote» auch über dieses für Seuzach wichtige Projekt unabhängig und ausgewogen berichten wird.
Ihr Gemeindepräsident
Manfred Leu